Auffälliges Neugeborenen Screening // PKU

  • Liebes Forum,


    meine kleine Tochter hatte im Rahmen des Neugeborenen Screenings mit 290 ymol/l einen auffälligen Phe Wert. Eine Nachuntersuchung mit einer Woche ergab dann einen Wert von 209 ymol/l und wir atmeten vorsichtig auf. Nun ergab eine erneute Untersuchung mit 4 Wochen einen Wert von 270 ymol/l. Ich habe die ganze Zeit einfach nur voll gestillt. Wie kommt es bei gleichbleibender Ernährung zu solch einer Schwankung und wie kann ich das ganze einordnen? Unser Termin im UKE ist erst in ein paar Wochen und ich hätte so gerne Antworten ?


    Ist zu erwarten, dass sie bei den Werten aufjedenfall Spezialbreikost bzw. diätisch ernährt werden muss wenn die Werte schon bei Muttermilch so sind wie sie sind? Gibt es bei den Werten irgendwas zu beachten bzw. sind schädliche Auswirkungen zu erwarten und wie ist das Ganze einzuordnen?


    Ich bin leider gerade sehr am Boden zerstört, weil der Wert nun doch wieder gestiegen ist ?


    Danke für eure Antworten!

  • Hallo Franzimarie,


    zunächst einmal herzlichen Glückwunsch zur Geburt Eurer kleinen Tochter.


    Ich habe selbst PKU (die klassische Form) bin aber keine Medizinerin, kann also nur meine Meinung zu dem Ganzen sagen, möchte dir aber ein bisschen die Angst nehmen:


    Zunächst zu deiner Frage wie es sein kann das der Wert trotz gleich bleibender Ernährung schwankt. Das hängt vermutlich damit zusammen, dass deine Kleine nicht jeden Tag den gleichen Hunger hat und dadurch nicht genau die gleiche Menge an Phe zu sich nimmt. Wenn du voll stillst ist es schwierig zu sagen, ob Sie tatsächlich genau die gleiche Menge jeden Tag zu sich nimmt. Außerdem kann es sein, dass durch einen Infekt oder ähnliches der Wert ansteigt, hier geht der Körper dann oft an das Körpereigene Eiweiß und der PHE-Wert steigt dadurch. Bei zu wenig Eiweiß am Tag geht der Körper ebenso an die körpereigenen Eiweiße wodurch der Wert ebenfalls steigt. Auch benötigt der Körper in verschiedenen Phasen des Wachstums etc. unterschiedlich viel Eiweiß, sodass auch hierher Schwankungen kommen können. Du siehst also eine Schwankung zwischen 40-80 µmol/l ist nicht unwahrscheinlich und ungewöhnlich.


    Ein Wert von 290µmol/l nach der Geburt deutet für mich eher auf eine sehr milde Form hin, die meiner Meinung nach eine weitere Kontrolle aber nicht unbedingt eine Behandlung mit diätetischen Lebensmitteln mit sich bringt. Auch dass durch das Stillen bei der kleinen der Wert nicht signifikant gestiegen ist zeigt, dass es sich nicht um eine klassische sonder milde Form der PKU handelt.

    Ich habe dir mal den Artikel der europäischen Leitlinien beigefügt in dem steht, dass bei Werten bis 360µmol/l nicht zwingend eine diätetische Behandlung notwendig ist. Leider ist der Artikel nur auf Englisch!

    Key European guidelines for the diagnosis and management of patients with phenylketonuria
    We developed European guidelines to optimise phenylketonuria (PKU) care. To develop the guidelines, we did a literature search, critical appraisal, and…
    www.thelancet.com


    Wichtig ist finde dass ihr das ganze weiter beobachtet. Versuche doch mal beim UKE (ist das Hamburg?) jemanden in der Stoffwechselambulanz zu erreichen. Die können dir bestimmt auch telefonisch einige Fragen beantworten oder du kommst an einen früheren Termin wenn du Ihnen deine Sorgen mitteilst.


    Meine Werte liegen in der Regel übrigens zwischen 140µmol/l und 260 µmol/l und das bei einer strengen eiweißarmen Diät. Diese Werte könnte ich ohne die eiweißarmen Lebensmittel nicht erreichen könnte. Außer meiner Einschränkung beim Essen, der Einnahme der Aminosäuremischung und der regelmäßigen Blutabnahme führe ich aber ein ganz normales Leben. Ich habe einen Beruf erlernt, bin verheiratet und gehe auch gerne mit Freunden Essen, auch wenn das immer vorher einen Blick auf die Speisekarte benötigt, ist das meistens kein Problem mehr heutzutage!


    Ich hoffe ich konnte dir ein bisschen helfen! Bei Fragen schreib mich gerne an, ich versuche gerne weiterzuhelfen!


    Herzliche Grüße

    Verena

    (verena.naunheim@dig-pku.de)

  • Liebe Verena,


    ganz herzlichen Dank für deine ausführliche und sehr hilfreiche Antwort und die lieben Wünsche!


    Der erste Schock ist erst einmal überwunden. Man liest ja meist im Internet sehr viele Horror Geschichten - deshalb hat mir deine Lebensgeschichte sehr viel Mut gemacht. Ich ziehe meinen Hut vor euch, die so viel Disziplin aufwenden und sich durch eine solche Diagnose nicht die Lebensfreude nehmen lassen!


    Wir haben Mitte März nun nochmal einen Termin bei der Stoffwechselambulanz im UKE (ja ist in Hamburg) und dann wird auch nochmal Blut abgenommen für einen Gentest in Heidelberg.


    Ich hatte schon große Angst sie weiter zu stillen aber meine Kinderärztin meinte, dass das stillen bei dem Wert kein Problem sei. Man hat halt immer das Gefühl man vergiftet sie regelrecht aber ich hab es nun so verstanden, dass sie halt Phe abbauen kann, nur nicht in hohem Maße und sie später halt darauf achten muss, nicht zu viel Eiweiß zu sich zu nehmen.


    Wie ist es denn wenn PKU Betroffene, deren PAH komplett funktionionslos ist und mal zu viel Phe zu sich nehmen? Ist dann direkt mit Schädigungen und Unwohlsein zu rechnen oder ist es halt nur über einen längeren Zeitraum schädlich? Was passiert wenn der Wert mal zu hoch ist?


    Deine Werte sind ja super - das erfordert ja unglaublich viel Disziplin! Wie gesagt, Hut ab! Besonders schön ist es zu lesen, dass trotz der Einschränkung ein nahezu normales Leben möglich ist. Ich hoffe ich kann meiner kleinen Emilia - sollte es nötig sein - möglichst gut vermitteln kann, sich eiweißarm zu ernähren und sie keine Einbußen in ihrer Lebensfreude hat.


    Ich halte euch hier mal auf dem Laufenden, vielleicht hilft es ja auch anderen Mamis die zunächst mit einer solchen Diagnose völlig überfordert sind.


    Liebe Grüße aus dem Norden,

    Franzi und Emmi