Europa-Politik
In der zweiten Jahreshälfte hat Deutschland die Europäische Ratspräsidentschaft inne. Mit Briefen haben wir das Bundesgesundheitsministerium aufgefordert, diese Gelegenheit zu nutzen und sich für eine bessere Versorgung von Patienten mit angeborenen Stoffwechselstörungen in Europa einzusetzen. Der Europäische PKU-Verband ESPKU hat eine parteiübergreifende Allianz für PKU im EU-Parlament ins Leben gerufen. Vertreter der DIG PKU haben an mehreren Treffen und Video-Konferenzen dieser Allianz teilgenommen und Europa-Abgeordnete und Mitarbeiter der Europäischen Kommission über die Bedürfnisse der Stoffwechselpatienten informiert.
Ambulante spezialfachärztliche Versorgung von erwachsenen Stoffwechselpatienten
Es gibt immer noch viel zu wenige Stoffwechselambulanzen für erwachsene Patienten, und die Kinderkliniken können diese nicht mehr alle mitversorgen. Die DIG PKU hat darüber mit Mitgliedern des Gesundheitsausschusses des Bundestages gesprochen und den Gesundheitsminister aufgerufen, die altersunabhängige Versorgung aller Patienten gesetzlich sicherzustellen. Darüber hinaus haben wir alle 16 Landesregierungen schriftlich aufgefordert, im Rahmen der Krankenhausbedarfsplanung für ausreichende Versorgungskapazitäten zu sorgen. Den Vorstand des Berufsverbandes Deutscher Internisten haben wir aufgerufen, die Stoffwechselmedizin in der Aus- und Fortbildung der Ärzte stärker zu berücksichtigen, damit es zukünftig mehr qualifizierte Fachärzte für erwachsene Patienten gibt.
MDK-Reformgesetz
Die vielen Briefe an den Patientenbeauftragten der Bundesregierung und die Gespräche mit Politikern haben sich gelohnt: Mit dem MDK-Reformgesetz wird der Medizinische Dienst zukünftig von den Krankenkassen unabhängig sein. Wir erhoffen uns davon fairere und bessere Gutachten und weniger Auseinandersetzungen mit den Krankenkassen um die Übernahme von Therapiekosten. Außerdem müssen Gutachten zukünftig auch den versicherten Patienten zugeschickt, und unabhängige Beschwerdestellen eingerichtet werden.
Intensivpflege- und Rehabilitationsstärkungsgesetz (GKV-IPReG)
Mit dem GKV-IPReG können Kinder und Jugendliche in kürzeren Abständen Kuren und Reha-Maßnahmen beantragen. Außerdem brauchen die Patienten nur noch die Hälfte der Mehrkosten zu tragen, wenn sie eine Reha in einer bestimmten Wunschklinik antreten möchten. Beides gilt jedoch nur für Kuren zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen, obwohl mehr als die Hälfte aller Reha-Maßnahmen von den Rentenversicherungen bezahlt werden. Die DIG PKU wird den Bundesminister für Arbeit und Soziales deshalb auffordern, auch die Rehabilitation durch die Deutsche Rentenversicherung zu stärken und dem Bundestag ein entsprechendes Gesetz vorzuschlagen.
Versorgungsmedizinverordnung (VersMedV)
In der VersMedV sind der Grad der Behinderung und die besonderen Merkzeichen für PKU festgelegt. Die damit verbundenen Steuererleichterungen sind für Familien mit PKU-Kindern wichtig. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales will diese Verordnung überarbeiten. Die DIG PKU ist im Gespräch mit der Arbeitsgemeinschaft für Stoffwechsel in der Inneren Medizin (ASIM), die einen Vorschlag für die Überarbeitung des Kapitels über Stoffwechselstörungen machen soll. So wollen wir sicherstellen, dass durch die Neufassung keine Nachteile für die Betroffenen entstehen.
Gemeinsam gegen Mangelernährung – für ein gesetzliches Ernährungsscreening in Deutschland
Zusammen mit dem Kompetenznetzwerk Enterale Ernährung wirbt die DIG PKU in persönlichen Gesprächen mit Abgeordneten und bei Expertenanhörungen für ein gesetzliches Ernährungsscreening in Kliniken. Ein gemeinsam entwickeltes Positionspapier kann Grundlage eines entsprechenden Gesetzes werden. So entstehende Ernährungsteams können auch eine Basis für neue Behandlungskapazitäten für Stoffwechselpatienten sein.
Arzneimittelrichtlinie
Die Verordnungsfähigkeit der Aminosäuremischungen soll auch durch die zukünftige Arzneimittelrichtlinie sichergestellt bleiben. Der zuständige Gemeinsame Bundesausschuss befürchtet jedoch, dass einige Produkte nicht in die gesetzlich geforderte Liste aufgenommen werden können und dadurch die Produktvielfalt eingeschränkt wird. Diese Sorge hatte die DIG PKU bereits vor Jahren in Gesprächen mit Mitgliedern des Bundesgesundheitsausschusses zum Ausdruck gebracht. Die DIG PKU appelliert an die Bundesregierung, den gesetzlichen Regelungsauftrag zu verändern und auf eine Produktliste zu verzichten.
Ausschreibungsoption für die Versorgung mit Aminosäuremischungen
Im Jahr 2019 wurden Ausschreibungen für Hilfsmittel gesetzlich untersagt, damit es in der Versorgung keine Abstriche bei der Qualität gibt. Die DIG PKU möchte, dass diese Regelung auch für die Aminosäuremischungen für Stoffwechselstörungen gilt. Hier können Krankenkassen jedoch weiterhin über Ausschreibungen bestimmen, welche Produkte sie vollständig erstatten, und für teurere Produkte Zuzahlungen verlangen. Die EU dagegen sieht in dem Verbot der Ausschreibung eine Behinderung des freien Wettbewerbs und hat ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik eingeleitet. In persönlichen Gesprächen mit Bundestagsabgeordneten und in Briefen an die Bundesregierung fordert die DIG PKU eine Regelung, die den uneingeschränkten Zugang aller Patienten zu allen Produkten sicherstellt.
Ambulante Ernährungstherapie als Heilmittel
Seit 2018 ist die Ambulante Ernährungsberatung für seltene angeborene Stoffwechsel-Erkrankungen ein verordnungsfähiges Heilmittel, das von den Krankenkassen bezahlt werden muss. Die Regelung soll 2021 überprüft werden. Die DIG PKU hat Kontakt zu anderen Selbsthilfegruppen und relevanten Berufsverbänden aufgenommen und bereitet sich darauf vor, die Verordnungsfähigkeit der Ernährungstherapie vor dem zuständigen Gemeinsamen Bundesausschuss zu verteidigen.
Digitalisierung im Gesundheitswesen
Das Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GASV), das Digitale Versorgungs-Gesetz (DVG), das Patientendatenschutzgesetz (PDSG) – mit vielen Gesetzen und Richtlinien hat die Bundesregierung die Digitalisierung im Gesundheitswesen vorangetrieben. Die DIG PKU informiert ihre Mitglieder über die Homepage und die PHEline darüber, wie sie von den Möglichkeiten der elektronischen Patientenakte, des e-Rezepts und der Videosprechstunde sinnvoll Gebrauch machen und ihren Alltag vereinfachen können.
Mitarbeit an medizinischen Leitlinien
Neben ihrer politischen Arbeit stellt die DIG PKU auch Patientenvertreter in den wissenschaftlichen Gremien, die neue deutsche Leitlinien zur Behandlung der Phenylketonurie und der Tyrosinämie erarbeiten. Aus der Perspektive der Betroffenen beteiligen sie sich an den Diskussionen um den notwendigen Behandlungsumfang und gestalten so die zukünftigen Therapie-Konzepte mit.
Netzwerkarbeit
Um die Bedürfnisse der Betroffenen zu vertreten, arbeitet die DIG PKU eng mit verschiedenen Verbänden zusammen und beteiligt sich an Netzwerken. Dazu gehören die Allianz für Chronische Seltene Erkrankungen (ACHSE), die Bundesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe (BAG), das Kompetenznetzwerk Enterale Ernährung (KN-EE), die Arbeitsgemeinschaft Stoffwechsel in der inneren Medizin (ASIM) sowie unsere europäischen Dachverbände ESPKU und EURORDIS. Auch ist die DIG PKU eines der ersten Mitglieder des PKU-Weltverbandes GAP. Ohne den Austausch und die Zusammenarbeit mit diesen Partnern wäre es nicht möglich, Fortschritte und Verbesserungen in der Versorgung der Patienten mit Phenylketonurie und verwandten angeborenen Stoffwechselstörungen zu erzielen.