Stellungnahme der DIG PKU zur Aufklärung bei genetischen Untersuchungen wie dem Neugeborenenscreening

Phenylketonurie (PKU) war die erste Zielkrankheit des Neugeborenenscreenings. Nachdem die PKU seiner Nichte zu spät erkannt wurde, entwickelte Prof. Robert Guthrie (USA) in den 1960er Jahren ein einfaches Testverfahren, mit dem alle Neugeborenen zuverlässig auf PKU untersucht werden konnten, bevor sie unter den Folgen zu hoher Phenylalaninbelastungen litten. Nach einigen Pilotprojekten in verschiedenen Bundesländern wurde das Neugeborenenscreening in den frühen 1970er Jahren flächendeckend in beiden damaligen deutschen Staaten eingeführt. In der alten Bundesrepublik hatte Prof. Horst Bickel hieran maßgeblichen Anteil. Nicht weniger bedeutsam war das Engagement von Prof. Alwin Knapp in der DDR. Seitdem wurde das Neugeborenenscreening auf heute 16 Zielkrankheiten erweitert. Jedes Jahr profitieren etwa 700 bis 800 Neugeborene von der frühen Diagnose und einer schnellen, teilweise lebensrettenden Behandlung.


Am 1. Februar 2010 trat in Deutschland das Gesetz über genetische Untersuchungen bei Menschen (Gendiagnostikgesetz – GenDG) in Kraft, in der auch das Neugeborenenscreening als „gentische Reihenuntersuchung“ geregelt ist (§ 3 Nr. 9 und § 16 GenDG). Die Aufgabe, die notwendigen Richtlinien zur Umsetzung des Gesetzes zu erarbeiten, wurde der beim Robert Koch-Institut eingerichteten Gendiagnostik-Kommission (GEKO) übertragen. Dazu gehört auch eine Richtlinie über die Anforderungen an die Inhalte der Aufklärung bei genetischen Untersuchungen zu medizinischen Zwecken (§ 23 Abs. 3 GenDG). Die GEKO besteht aus 13 Sachverständigen aus den Fachrichtungen Medizin und Biologie, 2 Sachverständigen aus den Fachrichtungen Ethik und Recht sowie 3 Patienten- und Verbrauchervertreter*innen.


Im vergangenen Jahr hat die GEKO die Aufklärungsrichtlinie überarbeitet. Dies wurde nötig, weil angesichts jüngster Entwicklungen und Untersuchungsmethoden eine Analyse einer großen Anzahl verschiedenster genetischer Eigenschaften möglich ist. Im Dezember 2021 hat die GEKO die DIG PKU eingeladen, zu ihrem Richtlinienentwurf Stellung zu nehmen und unsere allgemeine Einschätzung sowie spezifische Aspekte oder Verbesserungsvorschläge einzubringen. Wir sind für diese Gelegenheit sehr dankbar und betrachten die Einladung auch als Ausdruck der Wertschätzung unserer Arbeit als Vertretung der Patientinnen und Patienten mit PKU und verwandten angeborenen Stoffwechselstörungen.


In unserer Stellungnahme haben wir Aspekte des Verbraucherschutzes (z.B. zur Vermeidung einer genetischen Diskriminierung beim Abschluss von Versicherungsverträgen), die Zustimmung zur Verwendung der Proben für Forschung und Wissenschaft und den Zeitpunkt der Aufklärung zum Neugeborenenscreening angesprochen. Besonders wichtig war uns jedoch, dass bereits mit der Einwilligung ins Neugeborenenscreening die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, dass die Ergebnismitteilung durch einen erfahrenen Stoffwechselmediziner und unter psychologischer Begleitung stattfinden kann. Darüber hinaus haben wir uns für ein Screening-Register eingesetzt, damit sichergestellt werden kann, dass wirklich jedes Neugeborene diese wichtige Vorsorgeuntersuchung angeboten bekommt. Obwohl dies nicht Inhalt der Aufklärungsrichtlinie ist, haben wir die GEKO in unserem begleitenden Anschreiben um politische Unterstützung für ein verpflichtendes Neugeborenenscreening gebeten.


Unsere Stellungnahme und das Anschreiben finden Sie hier:

Stellungnahme DIG PKU zum Entwurf der GEKO-Aufklärungsrichtlinie vom 19.11.2021.pdf

und

Begleitschreiben GeKo Stellungnahme 25.01.2022.pdf